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„Orange Day 2025“: Gewalt gegen Frauen bleibt in Niedersachsen traurige Realität

Symbolfoto. Quelle: pixabay.

Hannover. Am Dienstag, 25. November, wird anlässlich des Internationalen Tages zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen unter dem Motto „Orange the World“ weltweit auf die anhaltende Problematik häuslicher und sexualisierter Gewalt aufmerksam gemacht. Auch in Deutschland ist der Schutz von Frauen und Mädchen vor Gewalt eine zentrale Aufgabe von Staat und Gesellschaft.

Die Zahl der polizeilich registrierten Fälle häuslicher Gewalt in Niedersachsen ist im Jahr 2024 erneut gestiegen. Insgesamt wurden 27.986 Fälle (2023: 25.263) erfasst. Bei der partnerschaftlichen Gewalt ist mit 18.941 Fällen ein Anstieg von 7,8 % zu verzeichnen, während die familiäre Gewalt mit 9.775 Fällen sogar um knapp 19 % angestiegen ist. Für das Berichtsjahr 2025 ist nach bisheriger Entwicklung ein etwa gleichbleibender Trend zu erwarten.

Die Niedersächsische Ministerin für Inneres,Sport und Digitalisierung, Daniela Behrens, sagt dazu: „Die Zahlen sind erschütternd und zeigen, dass häusliche Gewalt kein Randphänomen ist, sondern mitten in unserer Gesellschaft stattfindet. Wir dürfen nicht zulassen, dass Betroffene von häuslicher Gewalt allein gelassen werden. Die Bekämpfung der häuslichen Gewalt ist dabei auch eine Frage der inneren Sicherheit – sie betrifft die Stabilität unseres Zusammenlebens und die Sicherheit in den eigenen vier Wänden. Niedersachsen setzt deshalb auf eine Kombination aus konsequenter Strafverfolgung, Prävention und innovativen Hilfsangeboten.“

Mit 19.521 Fällen (2023: 17.735) sind Körperverletzungsdelikte bei partnerschaftlicher und familiärer Gewalt am häufigsten vertreten. Davon sind 15.864 Fälle der einfachen Körperverletzung (2023: 14.339) und 3.220 Fälle der gefährlichen oder schweren Körperverletzung (2023: 3.051) zuzurechnen. Bei Straftaten gegen die persönliche Freiheit wurden am häufigsten Bedrohungen mit 4.773 Fällen (2023: 4.425) und Nachstellungen mit 1.273 Fällen (2023: 1.041) registriert.

Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung machten im Jahr 2024 mit 4,71 % (2023: 4,02 %) einen zahlenmäßig geringen Anteil der Gesamtfälle häuslicher Gewalt aus. Es wurden insgesamt 1.318 Fälle (2023: 1.015) erfasst.

Insgesamt wurden im Jahr 2024 30.209 Opfer von häuslicher Gewalt polizeilich bekannt. Davon waren 21.106 Opfer weiblichen (69,87%) und 9.103 Opfer männlichen Geschlechts (30,13%). Im Vergleich zum Vorjahr (2023: 26.891 Opfer) ergibt sich hierbei eine Steigerung von insgesamt 12,34%.

Die Opferzahlen bei den Tötungsdelikten sind im Jahr 2024 von 98 auf 92 gesunken. Dabei kam es im Berichtsjahr zu 31 (2023: 40) Tatvollendungen, wovon 23 Opfer weiblich (2023: 32) und 8 männlich (2023: 8) sind. Bei den übrigen Fällen handelt es sich um Versuchstaten.

Die starke Zunahme der Anzahl von Opfern häuslicher Gewalt erfordert ein abgestimmtes Vorgehen und weitere Maßnahmen zum Schutz potenzieller Opfer im häuslichen und familiären Umfeld.

Um den Kampf gegen häusliche Gewalt weiter zu forcieren wird in Niedersachsen die geschützte App des Vereins Gewaltfrei in die Zukunft e.V. als getarnte Anwendung landesweit eingeführt, um erwachsenen Frauen sowie Personen mit vielfältigen geschlechtlichen Identitäten, die von geschlechtsbasierter Gewalt in Paarbeziehungen betroffen sind, einen sicheren und niedrigschwelligen Zugang zu Informationen und Hilfsangeboten anzubieten.

Ministerin Behrens: „Mit der Einführung der geschützten App von Gewaltfrei in die Zukunft e.V. gehen wir einen weiteren wichtigen Schritt im Kampf gegen häusliche Gewalt. Die App ermöglicht Betroffenen, schnell und diskret Hilfe zu erhalten – unabhängig von Zeit und Ort. Wir nutzen die innovative Herangehensweise, um den Zugang für Betroffene deutlich zu erweitern. Das Land Niedersachsen unterstützt den Rollout aktiv, denn uns ist bewusst, dass Prävention und Schutz dort beginnen, wo Betroffene erreicht werden – auch im digitalen Raum.“

Kernfunktionen der mehrsprachig nutzbaren App sind das Empowerment von Betroffenen, die umfassende Aufklärung zu geschlechtsbasierter Gewalt und die eigene Reflexion. Mit der Möglichkeit, Gewaltvorfälle in einem gerichtsunterstützenden Gewalttagebuch zu dokumentieren, soll u. a. die Reflexion unterstützt sowie die Strafverfolgung erleichtert werden.

Die App dient als Brücke ins Hilfesystem und wird nicht frei über App-Stores, sondern ausschließlich über geschützte Verteilwege bereitgestellt, um die Sicherheit der Betroffenen zu gewährleisten.

Das Projekt wird vom Bundesministerium des Innern und für Heimat mit 3,7 Millionen Euro bis 2026 gefördert und gilt als Leuchtturmprojekt im Bereich der inneren Sicherheit. Niedersachsen gehört neben Berlin zu den ersten Bundesländern, die die App implementieren.

Mit der Novelle des Niedersächsischen Polizei- und Ordnungsbehördengesetz (NPOG), das in dieser Woche erstmals im Niedersächsischen Landtag beraten wurde, soll die Polizei zudem die nötige Rechtsgrundlage erhalten, um im Einzelfall zur Gefahrenabwehr eine elektronische Aufenthaltsüberwachung des Täters nach gerichtlicher Anordnung umsetzen zu können. Die Regelung wird sich am sogenannten „Spanischen Modell“ orientieren, also einer dynamischen Aufenthaltsüberwachung, bei der auch den betroffenen Opfern mit deren Einvernehmen technische Mittel zur Verfügung gestellt werden, um diese unmittelbar zu warnen, sobald der Täter eine bestimmte Distanz unterschreitet.

Innenministerin Behrens: „Wir verbessern den Schutz von Opfern häuslicher Gewalt. Wir wollen insbesondere Frauen vor Übergriffen gewalttätiger Personen aus ihrem häuslichen Umfeld schützen und weiten dazu die Möglichkeiten für eine elektronische Aufenthaltsüberwachung aus. Durch die Einführung des sogenannten ‚Spanischen Modells‘ können Opfer über ein technisches Mittel bei Annäherung des Gefährders frühzeitig gewarnt und Gefahrensituationen besser vermieden werden.“